Tja, auch mit einem Tag Abstand bin ich noch nicht so sicher was ich denken soll, aber hier zunächst der Bericht meines Rennens inklusive einiger meiner Gedanken dazu.
Der Check-in am Samstag gestaltete sich etwas aufwendiger, da es zwei örtlich getrennte Wechselzonen gibt, ursprünglich hat der Veranstalter die Laufbeutel Kollektiv von T1 in T2 gebracht, aber in 2015 wurde so wohl ein Laufbeutel falsch zugeordnet, was zu einer Klage des betroffenen „Sportfreundes“ führte..& dazu, dass nun alle Athleten selbst den Laufbeutel in T2 bringen müssen..
Zum Glück war lediglich unser Transportmittel typisch mexikanisch,

alles andere war wirklich gut organisiert & klappte reibungslos.
Der Raceday begann wie immer zeitig um 4:45 Uhr. Das Hotel hatte zugesagt, dass es ein „early breakfast“ geben wird. Leider gab es zum Toast nur Marmelade, so dass ich, der sich gegen das mitbringen eines Glases Nutella entschieden hatte, wohl „auf Erdbeermarmelade“ starten musste..-das eher kleinere Ernährungsproblem des Tages, wie sich zeigen sollte.
Nach dem shutteln zur T1 und der Kontrolle des Rades -alles schien zunächst in Ordnung, montierte ich noch meinen Radcomputer & verstaute meine Radflaschen. Ich hatte am Vortag überlegt, ob ich meine Schaltungsakkus über Nacht am Rad lassen sollte oder nicht, aber ich dachte Triathleten seien „faire Sportler“ & ließ sie am Rad. Ok, so fair sind sie wohl, beide Akkus da, aber dafür stellte ich fest, dass mein „nutritionbox“ auf dem Oberrohr nicht mehr so gut gefüllt war, wie ich sie vorbereitet hatte; es fehlten Gels & Salztabletten!!!
Ist das Euer Ernst Ihr Triathleten da draußen?? Gels, die es auf Rad- & Laufstrecke gibt, über Nacht bei anderen Athleten klauen?? (Wer jetzt denkt, ok dann kann ich mir ja auch neue nehmen.., richtig; ABER nicht umsonst nutze ich seit Jahren nur noch meine eigenen SPONSER Gele, denn mein Verdauungstrakt ist unter Belastung recht sensibel..)
Das ist noch unsportlicher als Drafting!!
Vor allem bestätigt es aber den weiteren Verfall des fairen Individualsports, den ich so liebe und den ich vor >20 Jahren begonnen habe..
Nach dem Rad-Check ging es mit unzähligen Bussen von T1 zum Schwimmstart, denn um das Schwimmen dem „neumodischen Triathleten aus niederen Beweggründen“ anzupassen, ist es kein Rundkurs mehr, sondern eine A-to-B-Strecke; vermeintlich komplett mit der Strömung.
Der Start der Agegrouper erfolgte dann eine halbe Stunde nach den Pro’s (die einen Wasserstart hatten), als sog. Rolling Start vom Steg aus, d.h. ab 7:30 bis 8:00 hüpfen immer in kleinen Grüppchen knapp 2000 Triathleten, wie die Lemminge ins Wasser und schwimmen los. Eigentlich Ihrer erwarteten Schwimmzeit entsprechend geordnet, aber hierzu müsste der oben erwähnte Triathlet natürlich eine realistische Selbstwahrnehmung besitzen..
Diese Form des Starts wurde eingeführt, um zum Einen die Risiken eines Massenstarts zu reduzieren (die in meinen Augen auch vor allem deshalb bestehen, weil es an oben genannter Selbstwahrnehmung der eigenen Schwimmfertigkeit eben gerade fehlt) und zum Anderen das Feld zu entzerren und so bereits im Vorfeld die drafting-Problematik zu adressieren; abermals richtig nur liegt die ja auch an den Athleten selbst…

Ok, natürlich kommt da noch eine oft zu hohe Anzahl an Startern für die Strecken dazu, aber die zahlen der Ironman Corp. ja alle soviel schönes Startgeld..
Leider geht bei dieser Form des Starts die tolle Atmosphäre, die sonst vor einem Massenstart herrscht etwas verloren und daneben auch die Übersicht, wo man eigentlich liegt im Rennen.
Aber gut, zurück zum Rennen;
ich ordnete mich trotz meiner geringen Trainingsleistung im Wasser im Block derer ein, die unter 1 Std. schwimmen wollen und sprang um 7:31 Uhr ins Wasser. Jeder hatte von Anfang an genug Platz und ich schwamm mit ruhigen, langen Zügen bewusst defensiv los. Aber siehe da, die Natur ist eben doch nicht berechenbar, die Schwimmstrecke sollte komplett mit der Strömung verlaufen und so leichter & schneller sein, doch aufgrund einiger Stürme über Südamerika, kam sie am Renntag von vorne -ungefähr 3200m lang. Da half nur mit langem Zug kräftig drücken & auf die Wasserlage achten.
Ich erreichte den Ausstieg am Delphinarium in Chankanaab nach etwas unter 55 Minuten, voll im Plan, denn der war nach 1 Stunde auf dem Rad zu sitzen. Ein guter Start in den Tag, die „Maschine“ läuft.. ;-)
Der Wechsel ging gut, der Beutel hing wo er sollte & es war alles drin -inkl. zweier „Ersatzgele“.
Rauf aufs Rad & los, Katja stand kurz nach T1 und feuerte mich an.
Die erste Radrunde wollte & sollte (Vorgabe der „Chefin“ UTE MÜCKEL) ich ruhig angehen, gesagt, getan. Dank Wattmesser kann man die Belastung ja gut steuern.
Die Runde lief gut, der Wind schlief noch und so war die Runde trotz moderater Leistung nicht langsam. Die Beine und auch „der Rest“ fühlten sich gut an, zumal ich ja wusste, dass ich auch eine gut Laufform habe und mich auf einen soliden Marathon schon fast freute (ja, ich! Laufen & freuen in einem Gedanken!!)
Ab Runde 2 frischte der Wind merklich auf, auch hier etwas anders als sonst & als erwartet, typisch für die Strecke ist eine 20-25 km lange Strecke direkt am Meer mit böigem Querwind und ein ca 10 km langes Stück mit Rückenwind, gestern gab es knapp 25 km Wind von vorne und 10 mit Querwinden. Die Runde war daher, trotz der geplant höheren Leistung, nicht schneller..
Das nur 60mm hohe Vorderrad war daher auf jeden Fall eine gute Wahl, wie auch der Rest meines neuen Rades lief es super! (Nochmal Danke an Jan von LAMBDA RACING).
Die Durchfahrt durch Cozumelstadt ist immer cool, alle Mexikaner scheinen begeistert, machen Barbecues vorm Haus, stellen Musikboxen auf und feuern an!
Meine etwas spärlichere Gelverfügbarkeit glich ich aber doch nicht mit Spareribs sondern mit Riegeln aus, die ich als Notverpflegung früh noch eingepackt hatte. Nur Salztabletten hatte ich weniger als geplant; dennoch, es lief weiter gut.
Katja stand anfeuernd vor unserem an der Strecke liegenden Hotel.
Runde drei lief weitgehend genau wie Runde zwei, nur der Wind blies noch etwas eifriger, d.h. gleiche Leistung, langsamere Runde.
In Runde 3 bekam ich allerdings etwas Kopfschmerzen. Salzdefizit?
Der Wechsel lief nach einer Radzeit von 5:05 (Stunden) nochmal gut, wobei ich mir bewusst die Zeit nahm neue Socken anzuziehen & aufs Dixi zu gehen. Die WRIGHTSOCKS haben, soviel vorweg übrigens wieder super funktioniert, nicht eine Blase!
In meinem Laufbeutel hatte ich auch mein vollständige Verpflegung, zusätzlich hatte ich aber als „Backup“ noch ein zweites Set in meinem „special needs“ Beutel auf der Strecke deponiert (evtl sollte ich das zukünftig auch auf der Radstrecke tun?!?)
Vorgabe für den Marathon war bewusst ruhig anlaufen um zu „akklimatisieren“ & dann ab Kilometer 5 aufs avisierte Tempo zu steigern, der erste Teil des Plans ging voerst auf. Dann allerdings rebellierte mein Magen und zwang mich nach einer kurzen Rückwärtsperistaltik zu einem von Gehpausen unterbrochenen ruhigem Tempo.
Natürlich hatten sich die Wolken, die auf der Radstrecke noch immer mal zu sehen waren pünktlich zum Laufen verzogen & die dicke Kugel strahlte in voller Pracht. Nachdem ich es ja nun schonmal erleben durfte.., das Energy lab auf Big Island ist berüchtigt, aber kurz Leute..-auf Cozumel warten 42 km davon!!
Während Runde 1 von der Zeit noch ging, wurde es in Runde 2 natürlich ohne adäquate Nahrungszufuhr nicht besser. Zumindest Salztabletten sollten doch gehen?!? Versuch macht klug, naja zumindest klüger..kurz danach eine 2. energische Rückwärtsperistaltik, zu allem Überfluss fand die Salzkapsel nicht den Weg durch die große Öffnung nach draußen, sondern versteckte sich irgendwo im Bereich des linken Nasenrachenraumes -und blieb dort..
Ich ging an den Verpflegungsstellen und versuchte dazwischen zu laufen, Pepsi & Salzbretzeln blieben wo sie sollten; immerhin.
Dennoch glaubte ich nicht mehr das Ziel noch erreichen zu können. Auch wenn ein DNF -ohne technischen Defekt- sicher schwer zu verarbeiten ist, sollte ich mich „völlig zerstören“??
Ich sehnte das Ende der 2. Runde herbei & wollte zumindest mit Katja gesprochen haben, die mich dann sah & sagte „hör auf!“
Sie stand kurz vorm Wendepunkt, warum auch immer, aber ich entschied die 200m bis dahin & zurück zu Ihr nochmal zu versuchen. Es ging (also lief) eigentlich nicht wirklich, dennoch entschied ich, warum auch immer, auf die 3. und letzte Runde zu gehen. „Was sind schon 14km?!“ „All die Schmerzen der ersten 28 km ohne die Glücksgefühle des Zielkanals?“ „Doch kein echter Ironman?“ Diverse (wirre) Gedanken kreisten in meinem Kopf.
Ich stellte mir meine (deutlich kühlere) Hausrunde vor und lief quasi durch Weissandt-Gölzau, es ging weiter..,aber es kreiste auch weiter in meinem Kopf.., aber halt, das war jetzt Schwindel!
Ich stoppte an einer Verpflegungsstelle, kühlte Kopf & Körper mit Eiswasser, trank Pepsi und nahm noch Salztabletten.
Aufgrund der Bedingungen sah man schon einige Krankenwagen, ich formulierte den eigentlich völlig selbstverständlichen Gedanken für mich; „dort endest Du nicht, dann eben kein Finisher!!“
Daher ging ich bis zum nächsten Verpflegungspunkt und lud nochmal ausgiebig kühlend nach. Aber eigentlich glaubte ich nicht mehr daran die Ziellinie noch zu sehen.
Teils gehend teils in einer Art Laufschritt erreichte ich tatsächlich den Wendepunkt zum 3. Mal, jetzt nur noch 7 Kilometer „nach Hause“.
Der menschliche Körper ist schon unglaublich, mein Kopf schaffte es meinen Körper so zu begeistern, dass ich nur auf Pepsi tatsächlich wieder „vernünftig“ lief. Wenngleich ich auch mit jedem Schritt mehr den allerletzten umso mehr herbeisehnte..
Die Stimmung entlang der Strecke im Bereich des Ziels ist gigantisch, beim Einbiegen in den Zielkanal hatte ich Gänsehaut & feuchte Augen. Katja stand unten auf der Tribüne und klatschte mich ab, ich überquerte mit nicht mehr ganz geraden Schritt nach 10 Stunden & 14 Minuten die Ziellinie meines längsten und mit Abstand härtesten Ironman.
Im Ziel wich, bis hinter die Zielverpflegung, ein Volunteer nicht mehr von meiner Seite, er hatte die Arme immer auffangbereit in meiner Nähe -so wie ich im Krankenhaus bei allzu wackeligen älteren Herrschaften..-es blieb bei der prophylaktischen Maßnahmen. Denn, hopp oder top, ich wagte mich an die bereitstehende Pizza, denn mein Körper verlangte nach Nahrung.. & siehe da die 6 Stücken blieben wo sie sollten und der Gang wurde wieder weniger wacklig, sonder nach-Ironman-typisch staksig.
Die Medaille beim IM Cozumel ist nicht nur wirklich schön, sondern für mich dieses Mal etwas besonderes.

Jetzt heißt es off-season & Urlaub, wie Katja versprochen am Strand liegend (& von Cocktails flankiert..).
Diese Zeit und Weihnachten werde ich auch nutzen, mir so meine Gedanken zu machen, ob ich mich als „alleine gegen mich, die Elemente & die Uhr“-Triathlet der älteren Generation noch heimisch fühle in der Welt der neumodischen „I just do it for my vita“-Sportler..
Ach übrigens, irgendwo zwischen km 35 und 38 kam beim gefühlt 27. Charlottenburger die halbaufgelöste Salzkapsel dann auch noch aus meinem linken Nasenloch..-Nasenspülung für echte Ironman.. ;-)
Mehr Bilder findet Ihr in der Galerie 2016-IM Cozumel!